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SPOT ON: Sarina – Hanfseile als politische Kunst

Das neue Kunstwerk der iranischen Künstlerin Soli Kiani im Stiegenhaus auf dem Mönchsberg.

In der im Stiegenhaus des Museum der Moderne Salzburg installierten Arbeit Sarina von Soli Kiani (1981 Shiraz, IR – Wien, AT) befindet sich, eingebettet in ein von Hanfseilen umwobenes Holzgerüst, das mit Wachskreide gemalte Porträt von Sarina Esmailzadeh (2006–2022 Karadsch, IR). Die Jugendliche wurde während eines Protestes zu Beginn der „Frau, Leben, Freiheit“-Bewegung im September 2022 in der iranischen Großstadt Karadsch ermordet. Esmailzadeh gehörte zu einer Generation junger Menschen, die mittels sozialer Medien für eine Veränderung der eingeschränkten Frauen- und Menschenrechte sowie für eine Reformierung der Sittenpolitik im Iran kämpfen und damit ihr Leben riskieren. Ihr gewaltsamer Tod – wie der von Jina Mahsa Amini, Nika Shakarami, Hadis Najafi und vielen anderen – führte zu schweren Protesten nicht nur im Iran, sondern weltweit. Bereits einen Monat später schätzten die Organisationen Nationaler Widerstandsrat des Iran und Iran Human Rights Monitor die Todesopfer der Proteste auf 450 Personen und veröffentlichen seither die Namen aller Ermordeten. Mit jungen Menschen wie Sarina Esmailzadeh bekommt die Protestbewegung Namen, Gesichter und konkrete Geschichten – so wird deutlich, wie diese engagierten Menschen alternative Wege von gewaltfreiem Protest und Kritik am System finden. Die iranischen Teenager und jungen Erwachsenen stehen im Zentrum der neuen Serie „Silent Protest“ von Soli Kiani.

Soli Kiani wuchs im Iran auf und emigrierte 2000 nach Österreich. Sie studierte Malerei an der Universität für angewandte Kunst in Wien bei Christian Ludwig Attersee und lebt seither in Wien und Graz. Ihre Arbeiten thematisieren das politische Klima und die Menschenrechtsverletzungen im Iran. Die Erfahrung der Isolierung von Menschen – insbesondere von Frauen – in einem Land, das von einer fundamentalistischen Religion und einem streng patriarchalen System dominiert wird und die Einhaltung seiner Gesetze mit Gewalt, Einschüchterung und Sippenhaftung durchsetzt, haben sich ihr eingeprägt. Intensiviert hat sich dies mit dem Beginn der „Frau, Leben, Freiheit“-Bewegung im Iran im September 2022, die durch die Ermordung der 22-jährigen Jina Mahsa Amini ausgelöst worden war.

Obwohl in unterschiedlichen Medien zu Hause, ist die Malerei noch immer ein wichtiger Aspekt in Kianis künstlerischer Praxis und wird auch in ihrem Umgang mit Stoffen, Vliesen, Seilen und anderen Werkstoffen in Fotografie und Skulptur ersichtlich. Die Stoffe treten dabei als Schutzmantel und zugleich als Gefängnis auf. Zuweilen fungieren sie als Schleier zwischen den Welten. Waren die in den letzten Jahren entstandenen drapierten Textilien aus zum Teil vliesartigen, semitransparenten Stoffen etwa Stellungnahmen zu den restriktiven Kleidervorschriften für iranische Frauen, die seit der Iranischen Revolution im Jahr 1979 gelten, so sind die jüngsten Arbeiten deutlicher in der Gegenwart verhaftet: Stoffe und Hanfseile wickelt Kiani um Stelen aus Beton sowie um Holzobjekte. Die Hanfseile verweisen unmissverständlich auf ihre Verwendung bei der Ausführung der Todesstrafe durch Erhängen. Somit sind sie nicht nur Symbole für Schauprozesse und willkürliche Todesurteile, sondern vermitteln das Gefühl, dass einem die Luft abgeschnürt wird.

Video von Sarina Esmailzadeh auf YouTube

© MdMS, Foto: Tina Teufel
© MdMS, Foto: Tina Teufel
© MdMS, Foto: Tina Teufel
© MdMS, Foto: Tina Teufel
© MdMS, Foto: Fazel Shafa

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